Von der Fischerkate zur Großgaststätte Zenner

 
 

Der Trebtow bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts

Das Gasthaus Zenner mit seiner Vorgeschichte nimmt auf Grund seiner Lage als Ursprungspunkt Treptows sowie der besonderen Entwicklung von einer "unbedeuteten Fischerei" zum bekanntesten Berliner Ausflugs-und Repräsentationslokal eine Sonderstellung unter den ganz wenigen verbliebenen historischen Gaststätten ein.

Altes Zenner Logo

Der Standort Zenner war nicht nur das erste Anwesen des Ortes, er hat auch Gastronomiegeschichte geschrieben. Als eines der größten noch existierenden Gartenlockale ist das Gasthaus zugleich die älteste der städtischen Ausflugsstätten. Nur sehr wenige Gasthäuser können auf eine ähnlich vergleichbare Vergangenheit verweisen. Auf historischem Boden erneuerte nach dem Neuaufbau des durch den Zweiten Weltkrieg zerstörten Gebäudes eine der bekanntesten und populärsten gastronomischen Großbetriebe Berlins.
"Zenner, das "sanssouci des Ostens", stellte schon zu Beginn der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts der Chef des Hauses fest, konnte diesen Ehrentitel durch die Zeitläufe hindurch aufrecht erhalten". Wenngleich auch seit langem die kurzweilige Beschäftigung mit dem Thema zum Repertior populärer Berliner Literatur gehöhrt, lassen die Schilderungen eine detalierte und zugleich umfassendere Darstellung von Geschichte und Vorgeschichte der Gaststätte- mit Ausnahme der bereits erwähnten Lohmann und Specht - vermissen. Es sei deshalb hiermit der Versuch unternommen, einmal etwas näher darauf einzugehen.
 
     
 
Zenner
Das Treptower Vorwerk 1812

Versetzen wir uns einmal einige Jahrhunderte in die Vergangenheit Treptows zurück. Mit dem kleinen Fischereianwesen namens Trebow am südlichen Spreeufer, ganz am Ende der alten Merica, als einzigem Siedlungspunkt zwischen den Städten Berlin, Cölln und Cöpenick verbindet sich im 16. Jahrhundert das älteste besiedelte Grundstück des Gebietes. Aus dieser frühen Zeit ist naturgemäß wenig überliefert bzw. erhalten geblieben. Aus dem Dokument der besagten Kämmerrechnung von 1568 geht zumindest hervor, dass der Trebow auf fünfzig Jahre in Pacht gegeben werden sollte. Der dort am Spreeufer ansässige (Fischer) Andreas Neuendorf "vom Trebow und der Ziedelheide" zahlte an den Rat der Stadt Cölln einen "Wasserzinsvon einem Schock und 24 Groschen sowie 32 Groschen von der Haide". Dafür durfte er das Häuschen bewohnen und die Fischerei mit drei Fischwerhren erwärbsmäßig betreiben, was sich jedoch als wenig ertragsreich herausstelte. Zudem wurde ihm allerdings das Recht zur Nutzung der hinter dem Anwesen gelegenen Heide für den "Honigfang" eingeräumt. Diese war mit 32 Groschen "Heidegeld" veranschlagt und erforderte das Aufstellen von "Klotzbeuten" im Walde. Vermutlich kann Treptow mit dieser Urkunde als einziger späterer Bezirk Berlins seinen ersten Einwohner nachweiesen.

 
     
 
Zenner
So könnte die Besiedlung des Trebow im 16 Jahrhundert ausgesehen haben
(Nach einer Zeichnung von L .L. Müller 1830)

Das kleine Gehöf lag nahe der Einmündung des Heidekamgrabens (seinerzeit Heidekamp´scher Graben) in die Spree. Der uralte Wassergraben wurde im Laufe der Zeit auch Schafs- und Kuhgraben genannt. Der Fischerkate angegliedert waren Ackerland für 5 Scheffel Aussaat sowie Wiese für das Vieh. Für das Jahr 1576 wurde vermerkt, dass ein Zimmermann für Reparaturen an dem Häuschen auf dem Trebow 2 Schock 8 Groschen Lohn erhielt. Aus den Städtischen Unterlagen geht weiterhin hervor, dass im Jahre 1602 eine Witwe namens Refus (spätere Quellen: Raffuß oder Ruffuss) den Fischerbetrieb für 100 Taler an den Rat der Stadt Cölln verkaufte.

 
     
 
Die Traditionsgaststätte "Zenner" stand 1964 unter der Verwaltung der staatlichen Handelsorganisation HO.


In den darauffolgenden Jahren bis 1608 ging der Pachtbetrieb zunächst auf mehrere Fischersleute, dann auf einen städtischen Fischer über, die Bienenzucht wurde zuvor aufgegeben. Eine Erneuerung der Pacht 1608 fand offenbar nicht mehr statt, zumindest wurde kein Pachtkontrakt aufgefunden. Seitdem musste das Anwesen durch Cölln notverwaltet werden. Ab 1615 schien sich der Magistrat dann wieder etwas mehr für den Trebow zu interresieren. Er ließ das alte Gehöff abreißen und "zu des Heideläufers Wohnung" (Forsthaus) "ein Häußlein und ein Brunnen daselbst" errichten. Danach sind die Angaben über die Fischerei bis zum Ende des 17. Jahrhunderts nicht viel ausführlicher.
Es ist aber davon auszugehen, dass der 30-Jährige Krieg (1618-1648) dem vor sich hindümpelnden Anwesen den Rest gegeben hat. Denn nach der Schadensbesichtigung durch eine Kommision des Rates von Cölln am
22. Juli 1653, vertreten durch den Syndikus Sebastian Rhewend sowie die Ratsmitglieder Johann Möller und Andreas Ideler, wurde eine Auflistung der Erneuerungsarbeiten vorgenommen, die ein künftiger Pächter auf sich nehmen müsste. Der vom 5. Oktober 1653 verfertigte Bericht konstatierte, "dass das Häuschen ein neues Ziegeldach erhalten solle und am Löwinghaus (Laubenhaus), dem Sommergesäße, vieles verfault sei und die Fenster gar nicht mer drein im Häuschen waren, nur der Fischer ein klein Fensterlein drin hatte". Zudem musste das Seitengebäude entfernt und drei Gebinde abgerissen werden, da alles verdorben gewesen war. Auch der Acker zeigte sich "ziemlich bewachsen" und musste "ausgeradet", der Graben um ihn herum gesäubert werden.

 
     
 
Ein Sommerabend an der Spree bei "Zenner" 1930

Da lenkte noch im gleichen Jahr der Küchenmeister des großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1619-1688), Erdtmann Schmoll, bei einem Ritt durch die Heide, sein Augenmerk auf das "Häuschen auf dem Trepkow". Er fand Gefallen an dem idyllischen Standort und war brereit, das abgewirtschaftete "Güthlein" wieder in "esse" zu bringen. Schmoll war nicht arm, er besaß ein Haus in der Berliner Poststraße 13 sowie ein Bauerngut in Rosenfelde, dem späteren Friedrichsfelde.

 
     
  Laut Wiederkaufsvertrag mit dem Rat von Cölln vom 5. Oktober 1653 hatte er eine Jahrespacht von 200 Talern zu entrichten, der Kontakt wurde von Michaelis 1653 an (Michaelis-Ernteschluss am 29 Sept.) auf zehn Jahre festgelegt. Schmoll verpflichtete sich, Gräben und Ackergelände auf seine Kosten räumen und entwässern zu lassen.
Nun muss mann sich Vorstellen, dass der Trebow oder Trepkow - Das Treptow von 1653 - aus einer kleinen Insel bestand, die von der Spree und einem Graben umgeben war. Der leicht abgerundete Platz vor dem heutigen Zenner ist aus der Grabrundung entstanden, die aus diesem alten Trebkow - so in der Folgezeit überwiegend die Bezeichnung - erwachsen ist. Auch der Weg nach Berlin war ein anderer als heute. Im gegensatzzum nordwestlichen Verlauf der heutigen Puschkinallee erstreckte er sich damals noch als schmaler Waldweg in westlicher Richtung vermutlich über Richsdorf zur Cöpenicker Vorstadt und weiter stadtwärts. 1782 ist dann ein völlig anderes Weggeflecht für die Gegend erkennbar. Der direkte Weg nach Berlin verlief nun über das Haus-Gestell, einem Vorläufer der Puschkinallee.
 
     
 
Zenner
 
Zu Schmolls Zeiten mussten die Fuhrwerke, um den Trepkow zu erreichen, noch über eine Zugbrücke mit Ketten ins Anwesen fahren. Wollten sie die Köpenicker Ausfahrt nehmen, konnte dies nur über eine zweite Brücke geschehen. Südlich des durch den Graben eingegrenzten Vorwerks befand sich die so genannte Bürger-Hauswiese, die durch Wall und Zaun abgesichert war. AQußerhalb des Zauns war ein rechteckiger
Wasserteich - eine Art Voratsbecken - angelegt. Mit seinem Pachtantritt hatte Schmoll auf dem Gelände ein neues Gebäude mit dem Charakter eines Wirtshauses erbauen lassen, das mit einem Saal und einem Kamin im Mitteltrackt ausgestattet war. Die Handwerker wurden von ihm entlohnt, der Rat lieferte Bauholz aus der Heide sowie Kalk, Lehm und Mauersteine.
 
     
 
Zenner
Zenner heute

Seit Markgraf Waldemars Amtzeiten (etwa 1308-1319) war die Biersteuer als Einnahmequelle in der Mark Brandenburg nicht mehr wegzudenken. Es war deshalb nicht verwunderlich, dass die Stadt Cölln dem interresierten neuen Pächter den Bier-und Weinausschank für Bürger gegen Errichtung einen "Zappenzins" erlaubte. Die Begründung lautete zwar: "Damit die Bürger draußen etwas bekommen können, wenn sie auf ihre Kosten spazieren fahren wollen". Für den Magistrat dürfte aber die Erwartung von Einnahmen aus der Biersteuer, der "Ziese", der eigentliche Grund gewesen sein. Jedenfals gilt Erdtmann Schmoll als erster Bauherr eines Gastbetriebes auf Treptower Boden.

Nun musste noch ein "Kerl" her, der den Erbkrug verwalten würde, verfügte der Hohe Rat. Der "Kerl" wurde rasch gefunden und sogleich verphlichtet, "strafwürdige Sachen" auf dem Trepkow sofort zu "notifizieren". Leider geht sein Name nicht aus dem Magistratunterlagen hervor, so dass die Nachwelt vermutlich nicht erfahren wird, wie der erste Gastwirt des ältesten Berliner Ausflugslockal hieß. Die Wiederkaufssumme für den Trebkow von 200 Talern plus 36 Taler für Bau-und Meliorationsarbeiten nach Ablauf der zehn Jahre hatte die Stadt nicht einlösen können. Schmoll war inzwischen verstorben, seine Erben bis 1665 noch immer Pächter des Anwesens. Dann war der Magistrat bereit die Summe einzulösen und verpachtete es diesmal für sechs Jahre an den kaufmann Thomas Lohn aus Stralau. Der zahlte die jähliche Pacht von 18 Taler. 1681 bewirtschaftete laut Berliner Protokollbuch 1676-1682 des Stadtarchivs der stralauer Schulze Martin Merten die Fischerei auf dem Trebkow.

 
     
 
Zenner Kaffe kochen

So könnte es damals ausgesehen haben.
"Hier können Sie Kaffee kochen"


Einige Jahre später am 12. März 1698, gestattete der Rat von Cölln dem Bürgermeister und "Geheimbten Rath" am Cammergericht Friedrich Heinrich von Bartholdi, die Nutzung der Kirchwiese, der Fischerei und der Wirtschaft des Trebkow sowie der dazugehöhrenden Ländereien, die er schon zur Pacht gehabt hatte, für den Zeitraum von weiteren zehn Jahren. Dafür war eine Pachtvergütung von 18 Talern vorgesehen. Bartholdi verfügte bereits im Treptower Norden am alten Köpenicker Heerweg über 313 Morgen umfassendes Gelände mit einer Meierei in der Gegend des späteren, 1735 erbauten Wendischen Tores, das 1742 in Schlesiches Tor umbenant wurde. Dieses Anwesen, das sein Vater 1648 angelegt hatte, ließ er ausbauen und ergänzte den Besitz durch eine Brauerei, eine Weinbrennerei, eine Windmühle und einige Scheunen. Im Jahre 1730 hatte dann der Magistrat ein Auge auf das Gelände geworfen und kaufte es für 16.000 Taler auf. 1777 ging es schließlich an den Münzpächter (Bankier) Daniel Itzig über.

 
     
 
Zenner
Zenner heute von der Spreeseite

Auf dem Trebkow scheute sich Bartholdi jedoch, die Kosten für den dringend erforderlichen Hausneubau zu tragen und kündigte den Arénde (lat.: Pachtkontrakt) kurz vor seinem Tod 1707.
 
     
Quellen www.heimatmuseum-treptow.de
Förderverein Museum Treptow e.V.
Buch "Johannisthal in Berlin", Autor Bernd Rompf u.a.
Buch "Alt-Treptow", Autorin Helga Pett
Buch "Baumschulenweg/Plänterwald in Berlin", Autor Georg Türke
Buch "Treptows vergangene Pracht", Autor Georg Türke
Wikipedia